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Wie lesen Algorithmen meine Bilanzen?

Der Übergang von der papierbasierten zur elektronischen Veröffentlichung von Geschäftsberichten über das Internet kann als wesentlicher Meilenstein in der Unternehmenskommunikation angesehen werden. Die Bilanzen können zeitgleich einem deutlich größeren Adressatenkreis zur Verfügung gestellt werden, wodurch die Kapitalallokationseffizienz deutlich gesteigert wird. Daneben ermöglicht die elektronische Verfügbarkeit (z.B. in PDF oder HTML) eine deutliche verbesserte Auffindung von Informationen. So können beispielsweise über manuelle Stichwortsuchen in den z.T. mehrere hundert Seiten umfassenden Dokumenten Informationen schneller gefunden werden.

In jüngster Zeit übernehmen diese Aufgabe zunehmend Computer bzw. Algorithmen. Neben finanziellen Größen werden dabei immer häufiger auch Texte ausgelesen. Zunächst können die computerbasiert erhobenen Unternehmensdaten zentral in Datenbanken gespeichert und weiteren Analysen oder Entscheidungen zur Verfügung gestellt werden. Je nach programmiertem Algorithmus sind gar eigenständige computerbasierte Entscheidungen möglich. So können über Mustererkennung mittels Data Mining bzw. Text Mining entsprechende Schlüsse gezogen werden.

Die Einsatzmöglichkeiten von computerbasiert erhobenen Unternehmensdaten und mögliche Zielsetzungen dieser Algorithmen sind vielfältig. Die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen die umfassenden Möglichkeiten:


  • Beispiel 1: Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und künftigen Entwicklung (z.B. durch Analysten, Investoren, Fonds, etc.)
    Aus einer stärkeren Häufung von Wörtern in Finanztexten mit negativen Assoziationen wie etwa „verschlechtert“, „Verlust“ oder „Rückgang“ kann auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage geschlossen werden (sog. Sentiment-Analyse). Ein programmierter Algorithmus kann in der Folge automatisierte Verkaufsorders auslösen (sog. Computer-Trading oder Algo-Trading).
  • Beispiel 2: Einschätzung von Ausfallwahrscheinlichkeiten (z.B. durch Banken, Rating-Agenturen, Wirtschaftsauskunfteien)
    Mithilfe von Klassifikationsmethoden (z.B. Naive Bayes Algorithmus) kann ein Algorithmus typische Merkmale in den Finanztexten vergangener Ausfälle lernen. Diese Muster werden auf neue Finanztexte angewandt, um so für jedes Unternehmen die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls zu berechnen. Entsprechend können Unternehmen zur besseren Vorauswahl nach der berechneten Ausfall-Wahrscheinlichkeit in unterschiedliche Gruppen klassifiziert werden.
  • Beispiel 3: Erkennung von Veränderungen im Bilanzierungsverhalten (z.B. durch Börsenaufsicht bzw. Finanzmarktaufsicht, Enforcement-Institutionen, Wirtschaftsprüfer)
    Durch die computerbasierte Berechnung der Textähnlichkeit (sog. Textual Similarity) als Zahlenkennwert können Dokumente automatisiert verglichen werden. So können etwa Unterschiede in der Beschreibung von ausgeübten Bilanzierungswahlrechten zum Vorjahr und damit bilanzpolitische Veränderungen erkannt werden. Aus diesen lässt sich unter anderem ableiten, ob es zu einer Erhöhung der Aggressivität im Bilanzierungsverhalten gekommen ist. Diese Erkenntnis kann letztlich als ein Indiz zur Früherkennung von Fraud eingesetzt werden.

So wird es aus Unternehmenssicht immer wichtiger, die Möglichkeiten der digitalen Bilanzauswertungen in Strategien der Unternehmenskommunikation und Investor Relations zu berücksichtigen. Sie haben Fragen zum Umgang mit diesen neuen Herausforderungen? Kontaktieren Sie uns sehr gerne.



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